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Lange Betonbrücke über die Loire mit zahlreichen kleinen Booten im seichten Wasser bei Ebbe. Sandstrand im Vordergrund.

Reisebericht Loire: von Tours zum Atlantik

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie Loire hören?  Ein breiter, behäbiger Fluss vielleicht, der in sanften Schleifen träge dahinfließt,  an dessen Ufer sich schon mal Weinberge schmiegen, Schlösser und edle Herrensitze mit prunkvollen Gärten?

Losgehen kann es überall an dem 1012 km langen Fluss. Warum nicht im schönen Tours, der ehemaligen Hauptstadt Frankreichs?

Reisebericht **Loire: von Tours zum Atlantik**

Kaiserwetter im Tal der Könige eine Radtour an der Loire

Und wo, bitte, geht’s hier zur Loire? Na, ein bisschen à gauche (links) und da vorne à droite (rechts), und dann sehen Sie sie schon. Der Alte schüttelt verständnislos den Kopf, jeder hier würde sie im Schlaf finden, und wedelt mit seinem in der Mitte mit weißem Papier umwickelten Baguette. Doch keine Sorge, die Beschilderung ist perfekt!

Richtung Süden geht’s bei strahlendem Sonnenschein los am längsten Fluss Frankreichs, und weiter am Südufer des Flüsschens Cher, das kurz hinter Villandry in die Loire fließt, auf gut ausgebauten Rad- und ehemaligen Treidelwegen, manchmal auch kleinen, wenig befahrenen Nebenstraßen zwischen Schlössern, Wäldern und Wein. Weit und breit bin ich die einzige Radlerin. Von der sprichwörtlichen Radsportbegeisterung der Franzosen ist nichts zu sehen, und auch Touristen scheinen hier nur in Busstärke mit Camcordern bewaffnet aufzutreten.

Feuchtgebiet entlang der Loire mit flachen Wassertümpeln, weißen Vögeln und üppiger grüner Vegetation unter bewölktem Himmel.

Auswählen zu können, das ist wohl die schwierigste Herausforderung auf dem Loiretalradweg, und so peile ich das nächste Schlösschen an. Beim Chateau de Villandry mit seinen Terrassengärten gibt es einen eigens für Radfahrer angelegten Parkplatz mit Hinweisschild, von einer Hecke eingefasst. Königlich angelegt! den Gassen dieses Ortes gibt’s Nepp und Nippes und ein Bar-Café, wo auch eine französische Rennradfahrer-Gruppe Station macht und kleine Bierchen vom Fass zischt, Pressions eben.

Hunger? Durst? Für den Radler in Frankreich kein Problem. Jedes Bistro, Café, Restaurant bietet belegte Baguettes, an der Loire auch mit der hiesigen Spezialität Rillettes (Wurstpastete). Zu trinken gibt's Café au lait, Eau minéral und vieles mehr. Gut fährt man meistens mit dem „Plat du jour“, einem preiswerten Tagesgericht. Oder man verirrt sich, wie ich, in ein PMU-Café, wo leicht oder schwer alkoholisierte Männer auf  Pferde wetten oder auf was weiß ich was. Jedenfalls nicht auf Fahrradfahrer, soviel steht fest. Man würdigt mich keines Blickes, alle Augen sind starr auf den Bildschirm gerichtet, wo gerade wieder ein paar Gäule über die Rennbahn flitzen. Ein Schluck noch, und weg ist der Cidre, Apfelwein.

Ein französisches Baguette in weißem Papier mit Text ist mit schwarzen Gurten an roten Fahrradtaschen befestigt.

An der Loire selbst säumen Angler den Weg, sitzen im hohen Gras und warten geduldig auf einen Biss. Der Strom glitzert in der Sonne. Und Langeais folgt auf dem Fuß: Die dortige Festung thront über Stadt und Flusstal auf einem Felssporn und ist im so genannten gotischen Flamboyant-Stil möbliert. Schon von außen sind die drei Rundtürme und die mächtige Zugbrücke beeindruckend. Kurios: Von außen gesehen wirkt es wie eine mittelalterliche Verteidigungsburg, von der Gartenseite her gesehen wie ein königlicher Renaissancebau. Drinnen warten 16 Säle zur Besichtigung, teils ausgestattet mit herrlichen, mittelalterlichen Wandteppichen. Ebenfalls sehenswert sind die Renaissance-Gärten mit ihren zurecht geschnittenen Büschen und die Mammutbäume im Park.

Beim Wasserschloss Azay le Rideau, das aussieht wie ein weißes Schmuckkästchen und etwas südlich der Loire am Flüsschen Indre gelegen ist, ist eigens ein Fahrradstellplatz ausgewiesen.

Schloss Ussé, ebenfalls an der Indre gelegen, befindet sich am Rande des Waldes von Chinon. Es gilt als Märchenschloss par excellence, schließlich wurde Charles Perrault im 17. Jahrhundert von ihm zu seinem Märchen "La Belle au Bois Dormant", die Schöne im Dornröschenschlaf, inspiriert. Erbaut ist es aus weißem Kalktuff, auf dem graue Schieferdächer sitzen und natürlich gibt es auch hier zauberhafte Gärten bzw. Parks.

Kleine Boote ruhen auf schlammigem Boden bei Ebbe in einem Loire-Hafen, mit weißen Häusern und grüner Vegetation im Hintergrund.

Und so geht es immer weiter, ins mittelalterliche Saumur mit seinem bombastischen Schloss oben über der hübschen Altstadt mit ihren putzigen Fachwerkhäuschen, nach Angers, das ebenfalls ein Schloss sein eigen nennt und zwar eines mit ganzen siebzehn mit Schiefer gedeckten Türmchen. Unten am Le Quai des Arts Vivants finden fast immer Veranstaltungen jeglicher Art statt. Ich lasse mich einfach treiben und lande im Carée Cointreau, wo man alles über die Herstellung und die Geschichte des berühmten Likörs erfahren kann. 

Mittelalterliches Schloss Saumur mit Kegeltürmen auf Hügel über Weinbergen und Loire-Stadt unter blauem Himmel.

Das nächste Highlight ist Nantes: Hier steht das Schloss der Herzöge der Bretagne mitten im Zentrum, doch ich wende mich diesmal eher der Stadt und ihren ungewöhnlichen Plätzen zu. Mich nehmen die Machine de l‘île im Parc des Chantiers gefangen: Riesengroße mechanische Figuren, die z. B. einen Elefanten darstellen (mein Favorit) oder eine Riesenameise, eine Spinne, einen Reiher. Das hat einen echten Wow-Effekt. Auf dem Rücken des Elefanten kann man sogar reiten. Das musste unbedingt noch sein, doch jetzt heißt es wieder ab aufs Fahrrad!

Und so kann man ohne Hektik weiterrollen bis nach Saint Nazaire, vorbei an Sandbänken, Flachinseln, Holzkähnen, Graureihern, Biberburgen, prachtvollen Baudenkmälern, Fähren und ist weder im Süden noch im Norden, denn die Loire durchtrennt Frankreich ziemlich genau in der Mitte.

Verziertes Vintage-Fahrrad mit geschwungenem Rahmen und Ledersattel zwischen üppigen tropischen Pflanzen wie Farnen und Monstera-Blättern.

Klein-Havanna ist voller hübscher Villen in verschiedenen Farben, eine ist gar mit Mosaiken, die Margeriten darstellen, verziert. In den Vorgärten blühen Rosen und Hortensien, denn das Klima ist mild. In der Karibik befinde ich mich also nicht. Ich bin an der Mündung der Loire in den Atlantik im französischen St-Nazaire, und der Stadtteil heißt so, weil von hier aus früher die Ozeandampfer unter anderem nach Kuba ablegten.

Küstenblick entlang Loire-Radweg zum Atlantik mit gelben Blüten, Sandstrand, Felsklippen und blauem Ozean unter bewölktem Himmel.

Ich schlendere weiter die Promenade hinterm Sandstrand entlang und gehen Richtung Hafen und zum ehemaligen U-Boot-Bunker, der im 2. Weltkrieg von den Nazis errichtet worden war. „Da wollte der letzte Kommandant bis drei Tage nach nach Kriegsende nicht aufgeben und wartete auf den Befehl des Admirals Dönitz, Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, dass er kapitulieren solle“, erzählt Günter und schüttelt den Kopf. Und wie fühlt man sich als Deutscher, der hier lebt, in einer Stadt mit solch einer Vergangenheit? „Keine Probleme!“, sagt er, was deshalb beachtlich ist, da wegen des Bunkers die ganze Stadt durch die Alliierten bombardiert und zu 85 % zerstört worden war. „Die Einwohner wurden aber vorher von den Alliierten gewarnt und zogen in die nähere Umgebung“, so Günter. Der Stahlbeton des Bunkers allerdings hielt. Heute geht man mit der unzerstörbaren Hinterlassenschaft ziemlich entspannt um: Darin befinden sich diverse Museen und ein Veranstaltungssaal. - Ein Tim-und-Struppi-Poster hängt davor, denn die beiden waren zusammen mit Kapitän Haddock hier. Fans können die Plakate, die über die Stadt verteilt sind, abklappern und sich daran erfreuen, denn St-Nazaire ist eine der wenigen Städte, die in einem „Tim und Struppi“-Comic vorkommen. Darauf ist man verständlicherweise stolz.

Ich laufe noch vor ans Meer, wo die Wellen an den Strand schlagen, gewaltigere als das Plätschern der Loire, das mich begleitet hat, und denke: Adieu, Loire!  Bienvenue, Atlantique!

Breiter Sandstrand in St-Nazaire mit ruhigem blauen Meer, grünem Gras im Vordergrund und Küstengebäuden in der Ferne unter blauem Himmel.

Unser Fazit

Immer geradeaus etwa, flussabwärts, keine nennenswerten Steigungen? Alles richtig! Es geht immer geradeaus Richtung Atlantik. Dabei kann man richtig leer werden. Hielt ich anfangs noch bei jedem Schlösschen an, um es zu bewundern, wurde Kilometer um Kilometer eher der Weg das Ziel. La Loire à Vélo heißt der Radweg auf Französisch. Das Loiretal ist traumhaft schön, nicht umsonst haben genau hier Frankreichs Könige ihre Sommerresidenzen errichten lassen.

Nahaufnahme-Portrait von Judith Weibrecht mit rötlich-braunem Haar, blauen Augen und türkisfarbenen Ohrringen, die warm lächelt.

Judith Weibrecht

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