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Reisebericht: Alpe-Adria-Radweg (Teil 2)

Im ersten Teil des Reiseberichts auf dem Alpe-Adria-Radweg sind wir von Salzburg bis nach Villach geradelt.

Va bene!
Weiters lernen wir also Italienisch: Benvenuti a Italia! Willkommen in Italien

Reisebericht: **Alpe-Adria-Radweg** (Teil 2)

Von den Alpen bis zum Meer

Steil geht’s nach der Grenze hoch ins Paradiso: Ein zweispuriger Radweg, glatt asphaltiert mit Mittelstreifen führt auf einer ehemaligen Bahntrasse durch die Wälder. Ein 183 Kilometer langes Teilstück der Ciclovia Alpe Adria durch Friaul wurde als als Italiens bester Radweg mit dem „Italian Green Road Award“ ausgezeichnet. Zurecht. Wir rollen ins Straßendorf Tarvisio mit seinem riesigen, überdachten Markt, in dem es vor allem günstige Kleidung und Lederwaren zu kaufen gibt. Viele Bars, Cafés, Enotecas und Restaurants säumen die Straße. Noch ein kleines Stück führt die Route hinauf, dann rollen wir abwärts bis Pontebba mit seinem alten Grenzstein aus dem 19. Jahrhundert (der einst die Grenze zwischen Venedig und Kärnten markierte). An kühlen, ehemaligen Bahntunnels von 80 bis 950 Metern Länge herrscht kein Mangel. Heute gehören sie den Radfahrern und sind teils mit alle 30 Meter anspringenden LEDs und Elektronik-Infotafeln ausgestattet.

Im engen Kanaltal kreuzt ab und an die Autobahn hoch oben. Auch die Landstraße ist manchmal deutlich zu hören. Nichtsdestotrotz ist der Fahrgenuss groß. Links und rechts der Trasse lohnen mehrere Ortschaften einen Stopp: In Malborghetto bietet das ethnographische Museum Informationen zum Kanaltal, Chiusafortes ehemaliger Bahnhof beherbergt heutzutage eine Kneipe, in Resiutta befindet sich das Bergwerksmuseum und Moggio Udinense lockt mit der Abtei San Gallo und der größten Orgel Friauls.

Man schrieb den 6. Mai 1976, als ein Erdbeben den Ort Venzone fast vollständig zerstörte. Ein Nachbeben am 15. September erschütterte den Ort abermals. „Einem Bürgerkommittee ist es zu verdanken, dass Venzone wieder genau so aufgebaut wurde, wie es war“, erzählt Stadtführer Robert Schuhmann. Auch die begrünte doppelte Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert sieht aus wie neu. An einigen Häusern sind im Mauerwerk Linien zu sehen und teilen sie in vor und nach der Katastrophe. Alle Steine hatte man damals auf ein Feld gelegt und durchnummeriert. Die Steine mit Nummern sind heute noch an manchen Hauswänden zu erkennen. Kurz vor Venzone radelten wir durch Portis Vecchio. Dieser Ort hatte anscheinend nicht so viel Glück. Er liegt verlassen da. Das neue Portis befindet sich auf der anderen Seite der Landstraße.

Erdbeben, Mumien und Lavendel

„Venzone gilt außer als Erdbeben- auch als Mumien-, Kürbis- und Lavendelstadt“. Letzteres wurde vor ca. 30 Jahren als Geschäftsidee entwickelt, und so zieren heute viele lilafarbene Geschäfte mit Seifen, Lavendelsäckchen und lila angestrichenen Fahrrädern vor der Tür den Ort. Kürbisse gibt es in der Gegend reichlich, Ende Oktober das Kürbisfest statt. „Ein Erlebnis!“, verspricht Robert. Fünf Mumien findet man in der Krypta der Kapelle San Michele. Berühmt sind sie deshalb, weil ein Pilz (Hipha Bombicina Pers) verhindert, dass sie sich zersetzen. „Il Gobbo“, der Bucklige, 1384 verstorben, ist die berühmteste von ihnen. Der gotische Dom nebenan wurde nach dem Beben originalgetreu wieder aufgebaut.
In der Osteria e Cucina „Marcurele“ trinken wir einen Friulano-Wein, eine Rebsorte, die in anderen Teilen der Welt Tokajer heißt und auf die man hier stolz ist, und essen Frico di Patate con Polenta (gebackenen Käse mit Polenta und Kartoffeln), eine friaulische Spezialität. Friaulisch oder Furlanisch ist eine eigene, rätoromanische Sprache, die in Italien als Minderheitensprache anerkannt ist.
Lohnend ist auch der Abstecher nach Gemona hinauf in die mittelalterliche Altstadt mit ihren Palazzi, zur Burg und zu dem majestätischen, wieder aufgebauten Dom Santa Maria Assunta. Auch diese Stadt wurde 1976 schwer getroffen. In einer Ausstellung kann man mehr darüber erfahren.

„Aber Erdbeben gibt es im Durchschnitt nur alle 200 Jahre“, weiß Stadtführerin Patrizia Crespi in Udine zum Thema. Udine, die Hauptstadt Friauls, protzt mit dem Neuen Schloss, 1556 erbaut, in dem sich Museen und die Pinakothek befinden. „Und mit dem Maler Tiepolo! In den Gallerie del Tiepolo und im Dom der Stadt sind viele seiner Werke zu bestaunen“, sagt Patrizia. Die kleine Kirche Santa Maria in Castello mit dem goldenen Erzengel San Daniele obenauf ist das Wahrzeichen der Stadt. Auf der Piazza della Libertà mit ihren herrlichen Bauten, dem angeblich schönsten venezianischen Platz, steht die Loggia di San Giovanni mit dem Uhrturm und den zwei Mori, die wie in Venedig auf dem Markusplatz die Glocken schlagen. Hier pulst das Leben der Stadt genauso wie auf der belebten Via Mercato Vecchio mit Bars und historischen Osterien. Es ist später Nachmittag. Auf der Piazza delle Erbe (Kräuterplatz), auch Piazza Giacomo Matteotti genannt, trifft man sich unter den Arkaden und trinkt einen Tajut, ein Glas Wein.

Im Zick-Zack-Kurs geht es über die Dörfer, und interessante Städte folgen Schlag auf Schlag: Die Route führt geradewegs auf die riesige Piazza Grande Palmanovas, einst als ideale Festungsstadt zum Schutz vor den Türken geplant und erbaut. Alle Straßen führen sternförmig auf den Hauptplatz zu, sodass die Soldaten schnell zur Stadtmauer gelangen konnten. Von oben gesehen bilden die äußeren Festungsringe einen Stern mit neun Zacken.

Geheimsprache

Aquileia ist UNESCO-Welterbe. In der Basilika Santa Maria Assunta faszinieren die Mosaiken. Der 760 qm große Mosaikboden aus dem 4. Jh. gilt als das größte frühchristliche Mosaik Europas. Viele Symbole sind dargestellt, denn: „Die Christen nutzten eine Geheimsprache“, erklärt Alessandra Lodi. Wir sehen den Knoten von Salomon, in dem Gutes und Böses eng verbunden sind, den Fisch als Symbol für die Christenheit oder Vögel als Bild für die Seele. Im Südsaal ist der Kampf zwischen Hahn (Licht) und Schildkröte (Dunkel) dargestellt. Über manche Fantasiewesen rätselt man noch heute.
Nicht weit davon ist der antike Binnenhafen. Einst lag er in einer 181 v. Chr. von den Römern gegründeten Stadt mit 100.000 bis 200.000 Einwohnern, einem militärischen Vorpfosten gegen die Barbaren und späterem Handelszentrum. Links und rechts davon sind Ausgrabungen zu sehen: Reste des antiken Hafenkais, des Forums und eines Mausoleums.
Über den fünf Kilometer langen Damm fahren wir durch die Adria-Lagune, eine eigene Sehenswürdigkeit mit um die 150 Vogelarten, und erreichen Grado, den ehemaligen Seehafen Aquileias bzw. der Römer. Radelt man nun direkt an den Adria-Strand oder hat man sich schon an die Thermen gewöhnt? Kein Problem, in Grado gibt es eine Meerwasser-Therme. Doch zunächst geht es hinein in die Altstadt. Schon zu k.u.k.-Zeiten soll Grado beliebt gewesen sein und wird auch heute noch gerne von Österreichern besucht. An mein Ohr dringt leise das Wort „Kaffeetscherl“. Doch diesmal gehen wir auf einen italienischen Caffè (sprich: Kaffä).

Unser Fazit

Alpen und Adria, Berge und Me(h)r, Seen und die See, Ebenen und hoch aufragende Gebirge, Österreich und Italien, Kaffeetscherl und Caffè... diese Reise ist so vielseitig und abwechslungsreich, dass ich einfach nur begeistert war. Noch dazu ist es wohl die einfachste Alpenüberquerung von allen: Per Bahn durch den Berg. Von mir eine 1* für den Alpe Adria Radweg!

Judith Weibrecht

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